Clubhouse Hype

Wohin mit dem Clubhouse Hype?

Hypen oder Flamen! In diesen Tagen scheint es auf LinkedIn und twitter nur zwei Stoßrichtungen bei der Beurteilung der neuen Audio-Drop-In-Plattform Clubhouse zu geben. Da möchte ich natürlich nicht fehlen!

Während ich beruflich ein Advokat für eine konsistente Datenbasierte Organisationskommunikation bin, versuche ich mich im privaten ganz gerne als Hobby-Orakel. Artikel zum Thema Marktentwicklungen Voice oder der Entwicklung von Meta-Formaten in der FIFA-Youtube-Szene sind hier Leseproben. Für Clubhouse gilt für mich: Wenn mein LinkedIn schon von einer neuen Audio-Plattform zugespamt wird, dann möchte ich wenigstens meine 2 Cents dazugeben.

Clubhouse: Valide Technologie im Ökosystem

Vorweg möchte ich sagen (wenn ich gleich wieder haten werde), dass ich finde, dass der Clubhouse-Ansatz definitiv eine valide bzw. berechtigte Technologie in unserem Multimedia-Ökosystem ist. D.h. Der Drop-In-Audio-Approach ist etwas, das Nutzer benutzen und benötigen werden. In diesem Sinne ein lautes Kudos! für die Gründer und Entwickler hinter der Plattform!

Mein Einstieg in den Clubhouse Hype war eine Konversation mit meinem ehemaligen Arbeitskollegen Andreas und der Artikel Wie zwei deutsche Digital-Nerds den aktuellen Clubhouse-Hype ins Rollen gebracht haben von OMR. Auch wenn beide Quellen gute Einstiege in die Thematik waren, war vor allem dem der OMR-Artikel nicht 100% konkludent, da er den Approach von Clubhouse und eine geniale Market-Entry-Strategie der Content Creators Philipp Klöckner und Philipp Gloeckler miteinander vermischt.

Was sehen Investoren, wenn sie sich Clubhouse anschauen?

Clubhouse funding

Es gibt ein paar Themen, die mich am Clubhouse Hype stören, aber ich möchte mich dem ganzen von der Investoren-Seite nähern. Neben dem Launch der Plattform ging nämlich auch die Meldung einher, dass erste Investments in die Company hinter Clubhouse auf Basis einer 100 Mio. $ Bewertung getätigt wurden. Und auch wenn gelegentlich höhere Series-A-Valuations aufgerufen werden, bin ich hier skeptisch geworden, da wir im Zweifel noch immer von einer Medien-Plattform mit Tech-Komponenten reden. Entsprechend würde ich im folgenden gerne ein paar Gedankengänge teilen, die mich bei meiner eigenen Evaluation von Clubhouse und dem dazugehörigen Geschäftsmodel umgetrieben haben.

Wie ich auch schon bei der Evaluation des Voice Marktes würde ich postulieren, dass es heutzutage wenige Modelle gibt, die komplett neue Ansätze nutzen und somit Marktmechaniken anders für sich leveragen als Vorgänger und mögliche Nachfolger. Getreu dem Motto It’s all been done before … Zumindest Teile davon!

Eine logische Evolution des Podcast Ökosystems und Conference Calls

Wenn ich mir das Clubhouse-Zielformat der Content-Pieces anschaue, dann denke ich, dass es sich um eine logische Evolution des Podcast-Ökosystems handelt – so wie Podcasts vielleicht eine logische Evolution aus Hörbüchern waren. Das Ganze wird momentan noch sehr stark durch Conference-Call-Kultur im Homeoffice amplifiziert. Von daher ist es vielleicht sogar ein Fall von Right place at the right time.

spotify Podcasts

Nichts desto trotz sind diese Formate damit aber auch in der Podcast-Entwicklung gedeckelt. Soll heißen: Wenn ich mir ein Nutzungspotenzial vorstellen müsste, dann würde ich vielleicht bei den Metrics beginnen, die Plattformen wie spotify mit ihren Podcast-Komponenten machen und mir davon einen Bruchteil abschneiden. Auch wenn Podcasts zurzeit in der Nutzung als auch in der Distribution noch auf dem aufsteigenden Ast sind, ist es – so wir wir es aktuell beobachten – nicht das nächste Free-TV mit endlosen Monetrisierungsaussichten. Das soll nicht heißen, dass man mit Audio-Content kein Geld verdienen kann, aber es soll heißen, dass es da draußen größere Fische in Form von Medienformaten gibt.

Interaktions- und Communications-Elemente aus der thread-based Communication-Welt

Soziale Netzwerke wie facebook und instagram haben in der Vergangenheit gezeigt, dass Interaktionselemente oder ein Rückkanal ein integraler Bestandteil einer erfolgreichen Community-driven Plattform sind. Auch Clubhouse utilisiert diesen Rückkanal in seiner Technologie. Ich würde mittlerweile aber nicht mehr auf die klassischen Networks schauen, wenn ich Potenzial und Exzellenz von Interaktionselementen beurteilen möchte. Momentan würde ich mir vor allem discord in diesem Kontext anschauen – und auch slack für einen stärkren B2B-Kontext.

Ich bin zuletzt immer wieder überrascht welche Discord-Ökosystem verschiedene Gaming-Content-Creators mit ihren Fans und Followers aus dem Boden stampfen. Von File-Repositories bis Gewinnspiele oder Live-Sessions findet man – je nach Spiel – unzählige Elemente die Zuschauer und Creator auf dieser Plattform miteinander teilen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich nur 20% einer Story sehe, wenn ich mir ein youtube-Video anschaue, dessen 80%-Vorarbeit auf einem Discord-Server stattgefunden hat.

Discord Space von Zealand
Der Discord Server von FM-Youtuber und Stream Zealand

Entsprechend für mich aber auch die Fragen:

  • Wird Clubhouse diese Exzellenz in naher Zukunft noch (selber) ausbilden?
  • Wie würde eine Make-Or-Buy-Decision sich hier gestalten?
  • Wie monetarisieren SaaS-Unternehmen diese Kompetenz im Markt (B2B oder B2C)?

Community-Building und Monetarisierung aus der Welt von twitch

Zuletzt die Fragestellungen, mit der sich die meisten Early Investments beschäftigen:

  • Wie viel Geld kann ich aus operativem Umsatz oder einer Veräußerung erwirtschaften?
  • Wann ist es so weit?

Diese Frage ist für mich tatsächlich auch mitunter am schwersten zu beantworten. Ich würde mir zur Ausarbeitung von Parallelen die Streaming-Plattform twitch.tv vornehmen. Diese Plattform zeigt verschiedene interessante ähnliche Eigenschaften auf:

  • Sie produziert selber keine Streams (Videos), sondern basiert ausschließlich auf User generated Streams / Content
  • twitch ist zu großen Teilen abhängig von Usern, die den Content anschauen
  • In der Grundidee ist es ein Freemium-Modell

Der Aspekt, der mir an twitch nun aber am deutlichsten ins Auge fällt, ist die Tatsache, dass die Plattform noch immer mit der Implementierung einer ultimativen Monetarisierungsmechanik. Das ist nicht ultimativ kritisch, da im Kontext von Geldfluss bereits einige Schritte in der 10 jährigen Historie des Dienstes gemacht wurden und das Unternehmen 2014 von amazon gekauft wurde und damit – möglicherweise – die direkte Profitabilität der Unternehmung sekundär sein kann. Nichts desto trotz sind auch diese Schritte nicht zu verachten:

  • Es gibt ein System (Subscriptions) mit denen Payments von den Usern über twitch an die Creators gefunnelt wird
  • Es gibt Exklusiv-Deals mit bestimmten Streamern, die eine Grundattraktivität der Plattform für User sicherstellen soll
  • Es gibt virtuelle Currencies auf der Plattformen, die Creators und Users / Viewers und der Plattform Micro-Transactions ermöglichen
  • Es gibt erste zaghafte Advertising Implementierungen
twitch pre-roll
twitch.tv Pre-Roll-Ad

Nichts desto trotz ist die Monetarisierung der Plattform auch nach 10 Jahren noch eine holprige Straße. Darüber hinaus darf man nicht vernachlässigen, dass diese Art von Plattform-Modell immer zwei Kundengruppen adressiert: Creators und Viewers zugleich. Das Management der Creators ist hierbei das mitunter anspruchsvollste Geschäft, da man zwar Entlohungsmechaniken schafft, aber darüber niemals ausreichend Kontrolle über die Inhalte erlangen wird.

Entsprechend ist meine Einstellung zur Clubhouse-Monetarisierung: Lass uns in 10 Jahren noch einmal reden!

Kritiker werden sagen: Aber die Tatsache, dass twitch bereits zu amazon gehört und auch eine Video-Plattform wie youtube von Google gekauft wurde, zeigt doch, dass die Early Investors ihr Geld bereits zurückbekommen haben!
Das ist korrekt! Mehr dazu in im nächsten Absatz …

Lasst die Monetarisierung den nächsten machen!

Um die Frage zu beantworten: Würde ich in Clubhouse investieren?

Ich antworte mit Ja! Aber nicht ohne Einschränkungen. So würde ich ein kurzfristiges Investment befürworten. Ich würde dies aber nicht tun, weil ich denke, dass das Unternehmen mit der Idee auf Gold gestoßen ist und in den kommenden Jahren glänzende Gewinne einstreichen wird. Ich denke vor allem, dass mir die Clubhouse-Mechanik mein Investment multipliziert und zwar über einen Exit! Plattformen wie twitch, youtube, instagram und Co. haben mir gezeigt, dass irgendwann ein großer Konzern daherkommt und die Plattform über seinen Need für Werbe-Inventar akquiriert und ich in der Übernahme mein Geld zurückbekommen würde.
Ich würde Clubhouse nicht als das neue Boom-Business-Modell unserer Generation einschätzen.

Darüber hinaus würde ich aus den oberen Punkten anmerken, dass die Aufwände hinter einem Community-driven Business Model in Hinblick auf die Valuation unter Umständen ein wenig unterschätzt wurden.

Daraus würde sich auch ein mein Tipp für die Clubhouse Gründer ableiten. Stellt eine funktionierende Plattform mit ein paar 100.000 Usern hin und seht zu, dass ihr Land gewinnt und lasst jemand anderes die Monetarisierung übernehmen. Es könnte ugly werden.

Christoph Kleine
Christoph Kleine

... Managing Director bei THE BIG C Agency & Gründer von internetzkidz.de. Neben Online-Marketing beschäftigt er sich mit Usability, Web-Analytics, Marketing-Controlling und Businessplanung. Xing, LinkedIn.

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