Microsoft kehrt zurück (in mein Leben)

Es ist ein wenig scary, aber über die letzten 2 Jahre haben sich Microsoft und seine Produkte wieder in mein Leben geschlichen.

Die Ausgangssituation: Wer würde nicht in einer Google-Welt leben wollen?

Flashback in das Jahr 2013: Ich war davon überzeugt, dass die Zukunft in der Cloud lag und unsere Arbeitsumgebungen viel kollaborativer werden müssten. Natürlich landete ich in meinen Überzeugungen immer wieder in diversen Google-Anwendungen: Gmail war der beste Webmailer auf dem Markt, Google Docs und Drive waren – für mich – der Goldstandard für alles, was man für die tägliche Arbeit brauchte und das Android-Betriebssystem führte alle Dienste nahtlos auf dem Smartphone zusammen. Zudem waren alle diese Services für den Privatanwender damals kostenlos. Beruflich war ich als Marketer zudem immer wieder gezwungen auf Dienste wie Google Adwords, Google Analytics und die Webmaster Tools zurückzugreifen.

Microsoft war damals der Dinosaurier, den ich akzeptierte, weil er mir das Betriebssystem bereitstellte, das mein eigentliches Betriebssystem hostete, den Chrome-Browser. Aber auf den ersten, zweiten und dritten Blick, hatte der Personal Computer Riese von damals die Zeichen der Zeit verschlafen: Die Office-Anwendungen waren seit Jahren nicht evolutionär erweitert worden, das mobile Betriebssystem hatte eine Statisten-Rolle inne und mit Windows Vista und weder Betriebssystem noch Desktop-Applikationen sahen die Notwendig mit dem Internet zu interagieren. Da war es nicht verwunderlich, dass ich mich an der ein oder anderen Stelle abschätzig gegen Microsoft und deren Produktpalette entschieden habe.

Zeiten ändern sich: Meine Internetservice-Nutzung und Microsoft heute

Vor kurzem habe ich mal eine kleine mentale Inventur meiner digitalen Services gemacht und festgestellt, dass ich gar nicht mehr so ein fanatischer Google Cloud Nutzer bin. Zwar bekommen Google Produkte noch immer die ein oder andere Datei von mir zum Speichern und auch meine Gmail-Adresse ist noch aktiv. Aber ich verspüre nicht mehr den Drang jedes neue Projekt im Google-Universum zu bauen oder zu verwalten. In den letzten Jahren haben sich ein paar grundlegende Dinge geändert:

  1. Datenschutz-Regulierungen haben insbesondere Google Services ein Stück in Verruf gebracht. Selbst wenn diese sicher sind und mit europäischem Recht im Einklang sind, bleibt immer ein Rest-Risiko wenn man komplett sicher in einem neuen Web-Projekt agieren möchte.
  2. Ich habe in den vergangenen Jahren mehr über selbst gehostete Anwendungen gelernt, sodass ich mich in vielerlei Hinsicht gefragt habe, ob es wirklich noch notwendig ist alle meine Daten und Co. an einen Werbe-Dienstleister zu verschenken.

Diese Entwicklungen sind nicht sonderlich überraschend. Was hingegen überraschend ist, ist der Nutznießer meines geänderten Konsumverhaltens. Und zwar hat sich Microsoft ganz still und heimlich wieder in mein Leben geschlichen. Bei genauerem Hinsehen verwende ich mittlerweile eine erschreckend hohe Anzahl von Microsoft-Produkten. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass das neue Management von Microsoft wirklich Ahnung von dem haben muss, was sie tun. Akquisitionen und Eigenentwicklungen der letzten Jahre sind nämlich echte qualitativ hochwertig und sinnvoll für Webworker.

Anlässlich dieser Entwicklung habe ich heute mal die Anwendungen gelistet, mit denen sich Microsoft zurück in mein Leben geschlichen hat:

Mit diesen Anwendungen hat mich Microsoft wieder bekehrt

Code Editor: Visual Studio Code folgt Adobe Brackets

Microsoft Visual Studio Code

Ich bin kein echter Coder, aber hin und wieder brauche ich auch einen Text-Editor mit denen ich meine CSS- und Javascript-Schnipsel schreiben und bearbeiten kann. Ich war früher immer sehr zufrieden mit Brackets von Adobe. Dieser Editor wurde leider vor einiger Zeit von Adobe aufgegeben. Clever hingegen: Das Team von Brackets empfiehlt auf seiner Website die Verwendung von Visual Studio Code – einem Microsoft-Produkt.

Brackets empfiehlt Microsoft Visual Studio Code

Und zack, war ich im Microsoft-Text-Editor gefangen. Die Anwendung ist wirklich top und ich kann mich nicht beschweren. Einzig die unglaublich große Erweiterbarkeit der Anwendung ist manchmal etwas erschlagend. Es gibt quasi für jeden Anwendungsfall eine Extension im Marketplace.
Jedenfalls ist nun Microsoft Visual Studio Code seit ca. 2 Jahren mein Go-To-Editor.

Github Akquisition im Herzen des Webs

Mit der Akquisition von Github in 2018 hat sich Microsoft sicherlich ein gutes Stück Internet-Dominanz zurückgekauft. Der strategische Move war sicherlich einer der wichtigsten der jüngeren Firmengeschichte. Ich selber habe in den letzten Jahren Github für mich entdeckt. Es ist spannend verschiedene Open Source Repos zu recherchieren, aber darüber hinaus gibt es auf der Plattform auch eine Menge interessanter Sammlungen von Software-Listen oder Lern-Ressourcen. Ich habe tatsächlich auch selber zwei eigene kleine Repositories auf der Plattform, die ich für meine letzten Excel- und Powerpoint-Spielereien aufgesetzt habe.

Open Source hin oder her, Fakt ist: Ich verbringe zunehmend mehr Zeit auf Github und mit jedem Repo, das ich aufrufe, generiere ich einen weiteren Seitenaufruf in der neuen, digitalen Microsoft-Welt. Well played …

Power Bi statt Google Data Studio

Ein Teil meiner Sideprojects drehen sich auch heute noch um Daten-Analyse und Visualisierung. Wo Microsoft Excel an seine Grenzen stößt, gibt es in meinem Universum drei Anwendungen die helfen können: Tableau, Google Data Studio und Microsoft Power Bi. Durch einen einen seltsamen Zufall bin ich irgendwann in 2016 bei Power Bi hängen geblieben und seit heute dabei, wenn es darum geht ein paar coole Visuals für einen Blogbeitrag zu bauen.

Microsoft Power Bi

Meine Entscheidung beruht dabei vor allem auf einem Ausschlussprinzip: Tableau nutze ich bei der Arbeit: Aber das Interface ist wirklich nicht gut geeignet um optisch ansprechende Präsentationen schnell zu erstellen. Außerdem ist das Lizenzmodell für einen Bastler wie mich eine Katastrophe. 30 Tage kann ich das Ganze testen, danach muss ich eine Jahreslizenz über 700€ kaufen um privat ein bisschen mit Daten zu spielen. Geht also nicht.
Google Data Studio ist kostenlos, hatte aber bei meinen letzten Experimenten kein sonderlich intuitives Interface und ich bin auch kein großer Fan davon große Datenmengen direkt in die Cloud zu schießen.

Da finde ich das Microsoft-Modell von Power Bi optimal. Es gibt zwar eine große Enterprise Server Pricing Struktur, aber zum Lernen und privaten Daten-Basteln kann ich die Desktop-Anwendung kostenlos benutzen. Also bin ich auch hier wieder im Microsoft Universum gelandet!

OneDrive kommt über die Ram-Nutzung und Office-Subscription zum Sieg

Ein weiteres Microsoft-Produkt, das mich vor kurzem wirklich überzeugt hat, ist OneDrive. Seit ein paar Wochen habe ich nun ein neues Notebook und bin bei der Einrichtung etwas stärker in die System-Auslastung meines Rechners eingestiegen. Neben Chrome (meinem Standard-Browser) hat dabei vor allem der Google Drive Sync-Client Unmengen Ressourcen (Arbeitsspeicher) gefressen. Da ich trotz Aufräumen im Drive-Order und einem selektiven Sync noch immer nicht mit der Utilisierung zufrieden war, habe ich mir den OneDrive-Client mal genauer angeschaut: Der Client braucht nur ca. ein Viertel der Ressourcen des Google Clients und schnurrt wie ein Kätzchen unter dem Windows Betriebssystem. Entsprechend bin ich nun dabei progressiv meine Arbeitsdateien von Google Drive in Microsoft OneDrive zu migrieren.

Google Drive Sync RAM Usage

Hier profitiert OneDrive natürlich auch maximal von meiner Microsoft-Office-Subscription. Darin enthalten sind nämlich auch 1TB Cloud-Speicher. Da hat Google mit dem 15GB Free-Plan natürlich wenig Argumente. Allerdings finde ich auch die UI des OneDrive Clients sowie die Integration in Office-Produkte gut gelungen. So hat OneDrive auch den Wechsel meines Rechners maximal erleichtert.

Disclaimer: Ich weiß, dass Google mittlerweile mit einer überarbeiteten Version des Sync-Clients experimentiert. Im Status Quo sieht es aber eher so aus, dass der Client vor allem für Enterprise / G-Suite positioniert wird und Endkunden wird noch immer der alte Google-Drive-Client angeboten. Das ist aus meiner Sicht also auch kein Argument bei Google zu bleiben.

Microsoft Office Subscriptions + Features

Microsoft Office Icons

Auf internetzkidz.de finden sich eine Vielzahl von Artikeln, die Visuals aus Google Docs (Sheets und Slides) beinhalten. Dies liegt vor allem daran, dass ich lange Zeit nicht die Notwendigkeit gesehen habe Geld für eine Microsoft-Office Lizenz auszugeben. Schließlich war Google Docs free und Sheets hatte bessere Web-Funktionen. Vor ein paar Jahren habe ich mir dann aber doch ein Jahresabo für Office-Produkte gekauft. Mittlerweile arbeite ich tatsächlich wieder gerne in Excel, Powerpoint und Word. Dies liegt daran, dass die Anwendungen seit den Office 365 Versionen viele coole Features am Start haben. So mag ich die Icon-Insert-Funktion sehr gerne und es wurden auch noch ein paar hilfreiche Formeln in Excel erweitert. Dazu ist die Integration mit OneDrive gut gelöst und erlaubt auch gute Web-Editierung meiner Docs. Wenn man einem der Excel-POs glauben darf, dann bekommt insbesondere Excel Web in kommenden Monaten noch einige Killer-Features für Kollaboration und Versionsmanagement. Ich bin gespannt.

Jedenfalls konnte Microsoft mich zuletzt wieder seinen Office-Produkten begeistern.

LinkedIn: Die B2B-Influencer-Plattform

Microsoft und Linkedin

Aus meiner Sicht etwas traurig, aber wahr: Xing is dead. Zumindest wenn man meiner Usage glauben darf. Mit der Akquisition des Business-Networks hat Microsoft einen wirklich cleveren Move gemacht. Wenn ich täglich durch meinen Feed scrolle, kann ich mir kaum vorstellen, dass irgendwo mehr B2B-Business angebahnt wird als auf der LinkedIn-Plattform. Egal ob Feed, Jobs oder Groups – irgendwie findet man doch meistens etwas sinnvolles.

Dass der Feed mittlerweile ein Nährboden für Boomer geworden ist, die ihren facebook Content recyclen, würde ich dabei nicht in erster Linie Microsoft anlasten – sondern eher der Menschheit. Wer den Silicon Valley Podcast von Christian Byza verfolgt, der kann – so meine Meinung – im Subtext aber schon mithören, dass die Akquisition die Company-Culture ein Stück weit verändert hat.

SEO Analysen: Bing Webmaster Tools

Microsoft Bing Webmaster Tools

Wie in der Website Setup Series bereits beschrieben, finde ich die Bing Webmaster Tools für eine kleine Suchmaschine extrem gut gelungen. Ich finde es fast ein wenig schade, dass ich nicht mehr Traffic über Bing generieren kann, um mehr Grund zu haben in deren Webmaster Tools zu schauen. Jedenfalls setze ich für neue Domains seit ein paar Jahren auch gerne einen Bing Webmaster Account auf. Man bekommt hier kostenlos interessante Insights zu Onpage-Problemen auf der Website, für die man in vielen anderen Kontexten auf ein Premium-Tool gehen müsste. Also auch hier: Ein weitere Schritt in das Microsoft-Universum.

Hype & Trend: Wie geht es weiter mit Microsoft?

Kann Microsoft die digitale Welle weiter reiten? Oder ist die aktuelle Entwicklung nur das Resultat von tiefen Taschen und fehlendem Verständnis? Was denkt ihr: Wird Microsoft auch weiter im digitalen Business an Bedeutung gewinnen?

Lasst mir eure Meinung in den Comments da.

Christoph Kleine
Christoph Kleine

... Managing Director bei THE BIG C Agency & Gründer von internetzkidz.de. Neben Online-Marketing beschäftigt er sich mit Usability, Web-Analytics, Marketing-Controlling und Businessplanung. Xing, LinkedIn.

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