Rund um den verkaufsoffenen Sonntag am 14.6.2015 habe ich den Geschäften in der Münchener Innenstadt knapp 1.400 Sessions an Traffic geklaut. Wie ich das gemacht habe, erfahrt ihr in der folgenden Case Study.
Mit einem kleinen Experiment im Bereich Regionales Online Marketing, habe ich diesen Monat versucht zu ermitteln, was man mit lokalem SEO, 2 Stunden Arbeit und ein bisschen Neugier erreichen kann. Das Resultat: Etwa 1.400 Besucher in einer Woche und eine Lektion für den lokalen Einzelhandel.
Was habe ich zum Theme Verkaufsoffener Sonntag in München gemacht?
Ich habe einen Blogartikel über den verkaufsoffenen Sonntag in München am 14.06.2015 geschrieben und abgewartet, wie viel Traffic mich rund um das Event erreicht. Nicht mehr und nicht weniger. Kein Linkbuilding oder Seeding notwendig. Den Artikel habe ich nach alter SEO-Manier aus dem Ärmel geschüttelt und dabei die einfachsten Grundsätze beachtet:
- Das Keyword in die aussagekräftige Überschrift geschrieben (In diesem Fall Verkaufsoffener Sonntag München 14.06.)
- Passenden <title> und Meta-Description für den Crawler und die entsprechende CTR in den Suchergebnissen hinterlegt.
- Text > 200 Wörter geschrieben
- Logische Zwischensektionen und Überschriften in Form von <h3>-Tags gebildet
- Bilder mit entsprechenden Alt-Attributen hinterlegt
- Aussagen mit Kursiv-Schriften und Fettungen fokussiert
Da ich im Bereich Indexierung noch etwas altmodisch bin, habe ich den Artikel wenigstens einmal über Google+ gejagt.
Warum habe ich den Artikel geschrieben?
Die oberflächliche Begründung auf die Frage: „Warum nimmst du dir die Zeit, einen Artikel über einen verkaufsoffenen Sonntag in einer Stadt zu schreiben, die dich ohnehin nicht wirklich interessiert?“ ist eigentlich ziemlich simpel: Because I can!
Der fachlich etwas kompetentere Ansatz ist fast genauso einfach: Ich habe meine eigene Medizin geschluckt – weil es sonst kaum jemand tut! Da ich durch verschiedene Coaching- und Seminar-Angebote auch helfe, den mittelständischen Einzelhandel in das digitale Zeitalter zu heben, predige ich unter anderem auch SEO-Quick-Hits. Einer von diesen ist: Schreibt Artikel über lokale Events in eurer direkten Umgebung! Egal ob verkaufsoffener Sonntag in der Großstadt oder Feuerwehrfest im Dorf nebenan inkl. Abschiedsschlägerei – es gibt selten einfachere Trafficquellen. Die Benefits sind normalerweise Gold wert:
- Die entsprechenden Händler bekommen schnell und einfach praktische Lern-Erfolge im Bereich SEO-Mechanismen.
- Es ist extrem kostengünstiger Traffic! Wie gerade schon gesagt, hat mich die Aktion gerade mal 2 Stunden Arbeit gekostet.
Was waren die Resultate aus dem Experiment verkaufsoffener Sonntag?
Traffic: 1.432 Sessions über einen Zeitraum von 15 Tagen
Ich habe den Artikel am 31. Mai veröffentlicht. Im Zeitraum bis 15. Juli 2015 habe ich über die Landingpage 1.432 Sessions für meinen Blog generiert. Wie ich finde, nicht schlecht. Wie sich der Traffic über die Tage verteilt, ist ebenfalls interessant:
Die Trafficmenge wird eigentlich erst am 12. Juni (2 Tage vor dem Event) mit 141 Sessions am Tag interessant. Aber der gesamte Verlauf suggeriert, dass Menschen Ihre Freizeit wirklich nur im Wochentakt planen. Das erste mal ist mir die Unterseite am Montag vor dem Event mit 19 Sitzungen aufgefallen.
Eine andere Theorie wäre hier wahrscheinlich, dass die Stadt München oder einzelne Händler erst in der Woche begonnen haben, das Event zu bewerben.
Trafficquellen: 89% der Besucher kommen über die organische Suche
Auch wenn es angesichts meiner Bemerkung vom Anfang „Kein aktives Seeding“, wenig Überraschungen gibt, habt ihr hier noch die Verteilung der Besuche auf die Trafficquellen der Default Channel Groupings in Google Analytics:
- 89% Organische Suche
- 7% Direct Traffic
- 3% Social
- 1% Referrals
Bei so einem großen Anteil von organischem Search-Traffic macht es sicherlich Sinn nochmal in meine Rankings für den Artikel zu schauen.
SEO-Rankings: Verkaufsoffener Sonntag München auf Position 6,6?
Um die Transparenz meiner Google Accounts nicht maximal auszureizen, hier ein Auszug auf dem Google Webmaster Tools meiner organischen Rankings im Zeitraum 1. Juni bis 15. Juni 2015:
Keyword | Traffic | SERP Impressions | Av. Position |
---|---|---|---|
verkaufsoffener sonntag münchen | 144 | 5.426 | 6,6 |
münchen 14.06.2015 | 34 | 124 | 5,4 |
verkaufsoffener sonntag münchen 14.06.15 | 24 | 74 | 3,6 |
14.06.2015 münchen | 19 | 56 | 4,6 |
verkaufsoffener sonntag münchen 14.06. | 15 | 50 | 3,1 |
verkaufsoffener sonntag münchen 14.06 | 11 | 46 | 3,1 |
verkaufsoffener sonntag 14.06. | 11 | 747 | 7,2 |
verkaufsoffener sonntag münchen 14.06.2015 | 10 | 162 | 4,6 |
münchen 14.6.2015 | 8 | 25 | 3,1 |
verkaufsoffener sonntag münchen 2015 | 6 | 563 | 9,6 |
Ich muss gestehen, dass ich nicht wirklich erwartet hätte für das sehr kurze Keyword Verkaufsoffener Sonntag München zu ranken. Daher habe ich auch das Datum dazugenommen. Aber anscheinend kann man hier mit der durchschnittlichen Position 6,6 auch 144 Klicks machen! Interessanter Weise sind die Durchschnittsranking zur heißen Phase zwischen 11.6. und 15.6. nicht wirklich besser geworden.
Was sollten die Münchener Einzelhändler mit dem Traffic machen?
Wie bereits erklärt, möchte ich den Traffic eigentlich nicht. Ich schreibe über andere Sachen als Münchener Wochenend-Events (der Blog wäre nicht Freizeitfüllend). Das einzige, was ich vielleicht möchte, ist den Händlern in München und in Deutschland zeigen, dass sie in ihrem stationären Silo nicht überleben können. Oder einfach die Ansage: Liebe Händler, diese Aktionen sind der Weg in die Customer Journey des modernen aktuellen (stationären) Kunden!
Meine 1.432 Session bedeuten für einen Einzelhändler, der (in Zukunft hoffentlich) an meine Stelle tritt, nicht 1.000 neue Kunden an diesem Sonntag – da mache ich mir keine Illusionen. Die Customer Journey ist an dieser Stelle eigentlich eher wie folgt:
Menschen, die 2 Tage vorher mit einer Suchanfrage wie Verkaufsoffener Sonntag München 14.06.2015 auf meinen Blog geraten, haben irgendwo gehört, dass es so ein mystisches Event an diesem Wochenende in München geben könnte. Sie wollen eigentlich nur die Antwort auf die Frage „Stimmt das?“, oder in meiner Sprache: „Ziehe ich am Sonntag eine Hose an und fahre mit meiner lauten Familie mit der S-Bahn in die Münchener Innenstadt?“ – Risiko-Minimierung! D.h. die Leute, die ich auf meinem Blog habe, kommen genauso wie die anderen 5.000 Leute ohnehin in die Innenstadt, wenn sie es aus dem Bett schaffen. Ich kann die Leute nicht unbedingt überreden in die Stadt zu fahren. Aber: Ich kann ihnen sagen, in welches Geschäft sie gehen sollen!
Es geht bei der Berwerbung des verkaufsoffenen Sonntags darum Destinationen zu schaffen!
Für einen stationären Einzelhändler geht es nicht darum, dass der Kunde am Sonntag nur zu ihm kommt – dafür ist das Event wahrscheinlich zu groß. Aber es ist wichtig, dass er auch zu ihm kommt! D.h. für meine SEO-Langdingpage: Ich gebe ihm als Händler nicht nur die Sicherheit, dass es einen verkaufsoffenen Sonntag gibt, sondern auch einen Grund bei mir vorbeizuschauen. Also brauchen wir eine Offer, ein verlockendes Angebot, die einen Anker setzt. Typischerweise sind solche Offers:
- Gutscheine, die nur für den entsprechenden Tag gelten (15% auf die Kollektion oder Sortiment)
- Ein kleines Geschenk, das jeder beim Kauf eines Warenkorbs x € bekommt
- Ein Sekt zur Begrüßung für jeden Kunden (der eine Beratung über sich ergehen lässt)
- Eine Hüpfburg / Bällebecken, in dem man seine nervigen Kinder mal für 15 Min. abgeben kann
- Ein GZSZ-Star, der Dinge unterschreibt, weil er von seiner Schauspieler-Gage nicht leben kann.
- usw.
Ihr seht den Sinn, oder?! Über diese Offers bekommt ihr die Menschen durch die Tür. Und wenn eure Verkäufer nur halb so gut sind, wie ihr immer erzählt, werden diese am verkaufsoffenen Sonntag genügend Leute auf der Fläche konvertieren können, um die 2 Stunden Arbeit für den Blog-Artikel mehrfach zu refinanzieren. Im Optimalfall sieht eine Customer Journey am Sonntag dann so aus:
- Anreise mit der überfüllten S-Bahn
- Eis kaufen, damit alle Familienmitglieder aufhören, sich über die Hitze zu beschweren.
- Bei Einzelhändler [Name hier eintragen] vorbeischauen, weil es da [Angebot hier eintragen] gibt
- Aufpassen, dass die Kinder kein Brunnenwasser trinken
- Unterwäsche bei H&M kaufen
- Autos anschauen, die man sich nicht leisten kann
- Schnell ein Geschenk für den Freund / Freundin kaufen, der/die am Mittwoch Geburstag hat
- Glückliche und erschöpfte Heimreise mit der überfüllten S-Bahn
Wozu kann man den Traffic noch nutzen?
Neben der stationären Lead-Generierung kann man den Traffic auch noch anderweitig online nutzen, auch wenn ich euch die Fokussierung der ersten Variante nur empfehlen kann.
Weitere Verwendungszwecke für lokalen SEO Traffic sind:
- A/B-Tests von Layout- und Conversion-Elementen. Wer gerade an seiner Website optimiert, kann den Traffic immer gut für A/B-Testszenarien „recyclen“. Welche Elemente hier optimiert werden, ist unterschiedlich. Es können Navigationselemente, CTA-Elemente oder gar Angebote (in Form von unterschiedlichen personalisierten Gutscheinen) uvm. getestet werden.
- Anlegen von lokalen Remarketing-Listen. Wer sich mit Google Adwords und dem Google Display Netzwerk beschäftigt hat, weiß, dass man Besucher seiner Website so markieren kann, dass man sie zu einem späteren Zeitpunkt mit Display-Werbung irgendwo im Web erneut ansprechen kann. Diese Verwendung des Traffics ist eine gute Zweitverwertung von Besuchern um eine stationär affine lokale Zielgruppe zu markieren und diese vielleicht 2 Monate später zum Sommerschlussverkauf erneut anzusprechen und in die Filiale zu locken.
- Werbung verkaufen. Wenn ihr selber keine Produkte verkauft und werbefinanziert seid, könnt ihr den Traffic über CPC-, TKP-, CPL- oder CPO-Deals auch an den meistbietenden weiterverkaufen. Das ist aber vor allem für Nicht-Händler interessant und in diesem Kontext wahrscheinlich zu vernachlässigen.
Wie viel Traffic wäre zum verkaufsoffenen Sonntag möglich gewesen?
Wie oben bereits erwähnt habe ich 1.272 Besuche mit organischen Positionen im Bereich 3 – 6 gemacht. Das ist eigentlich für einen SEO ein wenig lohnendes Ranking. Wenn man davon ausgeht, dass ich durchschnittlich auf Position 5 gerankt habe, dann wären wahrscheinlich 5 mal mehr Klicks auf Position 1 möglich gewesen. Also statt 1.200 Klicks in etwa 6.000 (gaaaanz grobe Schätzung). Für mich ist das nicht verwunderlich, habe ich doch 3 große Handicaps im Vergleich zu anderen Playern in den Suchergebnissen:
- Ich habe kein Linkbuilding oder Content-Seeding für den Beitrag im relevanten Zeitraum betrieben.
- Mein Blog hat eigentlich keine thematische Relevanz zum Thema Shopping in München. Ich schreibe sonst über Themen wie E-Commerce und Online-Marketing.
- Mein Blog hat generell wenig Relevanz für irgendetwas. Ich konkurriere mit Portalen im Markt, die mehr als 100 Unterseiten im Google-Index haben und seit Jahren (wenn auch unbewusst) jede Menge Content produzieren. Ich bin hingegen schon froh, wenn ich euch pro Woche einen Beitrag präsentieren kann.
Wenn ihr euch anschaut, gegen wen ich im Index verloren habe, seht ihr 2 Arten von Seiten:
- Content-Portale wie muenchen.de und verkaufsoffene-sonntage.com
- Die TZ – eine Münchener Tageszeitung
Was ich nicht sehe, sind Geschäfte aus München! Meine These hier ist aber: Wenn sich Münchener Händler wie z.B. Hirmer oder Ludwig Beck mal dem Thema annehmen würden, stehen die da relativ schnell oben! Mit Domains, die auch einen Shop und jede Menge Domain-Autorität haben, sind kleine Blogger hier ganz schnell verschwunden. Ganz davon zu schweigen, was solche Unternehmen über Kanäle wie E-Mail, Social oder Adwords noch an kostengünstigem Traffic generieren könnten.
Brauchen Sie Hilfe beim Theme Regionales Online-Marketing?
Solche Experimente mache ich ja vorrangig um zu beweisen, dass ich schlauer bin als die Leute, die sich momentan kurzsichtig über Online-Händler wie amazon und zalando beschweren. Aber ich habe normalerweise auch kein Problem damit mein Wissen zu teilen bzw. zu verkaufen. Wenn ihr also Hilfe bei Start oder Optimierung eurer Regionalen Online Marketing Aktivitäten benötigt, dann könnt ihr mich gerne jederzeit anfragen. Ich behandel das Thema beruflich in Form von Beratungsprojekten, Seminaren und Vorträgen auf Branchen- und Fachkonferenzen!
Tja, danke Deine Worte.
Ich selber habe das Gleiche im Kontext des MVV Blogs München gemacht. Thematischer Tenor eher, „Wie komme ich mit den Öffentlichen zum verkaufsoffenen Sonntag München“. Sinn der gleiche, wie bei Dir – Traffic ziehen und mal schauen, wie altmodisch SEO wirklich ist.
Ich habe leider keinen G+ Post gemacht, dafür ist der Blog aber in dem Google News Feed gelistet, was auch nicht so schlecht ist. Ich hatte im Zeitraum um den Sonntag herum 16% des Gesamttraffics aus dem Keyword „verkaufsoffener Sonnat München mvv“. Ja, ist etwas spitzer und mehr longtail als bei Dir… anyway – die Botschaft ist die Gleiche: Liebe Händler und Dienstleister, nutzt lokale Events im Kontext mit eurem Business um Traffic zu beschaffen. Local SEO ist die Zukunft für all die Multichannel-Anbieter unter uns. Sie können das tollste und geilste Produkt der Welt haben, wenn´s keiner kennt – kommt keiner vorbei um es zu kaufen.
Interessantes Experiment. Das geht natürlich auch nur dann, wenn nicht viel mehr stärkere Wettbewerber (z.B. in diesem Fall regionale Zeitungen & Co.) mit Dir um die ersten Plätze konkurrieren und Deine Seite genügend Power hat, um mit einem kleinen Beitrag und einer passenden Überschrift direkt zu so einem Thema zu ranken. Aber interessant, wie verschlafen dann doch die Branche selbst auch im Jahr 2015 ist, wenn ein SEO Beitrag mit 200 Wörtern anderen den Traffic klaut, die davon profitieren könnten 🙂
[…] schonmal darauf hingwiesen worden, dass ich das München-Bashing ein wenig zurückfahren sollte. Manchmal kann ich einfach nicht aus meiner Haut raus … Lasst mich aber ein paar Worte zu Düsseldorf sagen. Ich finde es hier sehr angenehm: […]